
STOP: M.E. / pixelio.de
Die EU-Kommission will mit einer Sofortmaßnahme den Preis für Treibhausgaszertifikate im kommenden Jahr stützen. Insgesamt 900 Millionen der für den Zeitraum 2013 bis 2015 vorgesehenen Zertifikate sollten erst 2019 und 2020 ausgegeben werden, schlug Klimakommissarin Connie Hedegaard am 14. November in Brüssel vor.
„Da auf dem Markt ein Überangebot besteht, sind die Anreize für mehr Energieeffizienz und grüne Technologien nicht stark genug. Wir dürfen einen Markt, auf dem bereits ein Überangebot besteht, nicht mit zusätzlichen Zertifikaten überschwemmen“, sagte Heedegard.
Wegen der seit 2008 anhaltenden Wirtschaftskrise und der geringeren Industrieproduktion sind nach Angaben der Kommission derzeit eine Milliarde Zertifikate zu viel im Markt. Wenn im kommenden Jahr die neue Handelsperiode im europäischen Emissionshandel beginnt, werde sich die Zahl der Zertifikate aus systemimmanenten Gründen nochmals stark erhöhen. Mit ihrem Vorschlag will die Kommission 2013 einen Verfall der Preise ins Bodenlose verhindern.
„Da auf dem Markt ein Überangebot besteht, sind die Anreize für mehr Energieeffizienz und grüne Technologien nicht stark genug. Wir dürfen einen Markt, auf dem bereits ein Überangebot besteht, nicht mit zusätzlichen Zertifikaten überschwemmen“, sagte Heedegard.
Wegen der seit 2008 anhaltenden Wirtschaftskrise und der geringeren Industrieproduktion sind nach Angaben der Kommission derzeit eine Milliarde Zertifikate zu viel im Markt. Wenn im kommenden Jahr die neue Handelsperiode im europäischen Emissionshandel beginnt, werde sich die Zahl der Zertifikate aus systemimmanenten Gründen nochmals stark erhöhen. Mit ihrem Vorschlag will die Kommission 2013 einen Verfall der Preise ins Bodenlose verhindern.
Der Preis lag bis Mitte 2011 bei etwa 15 Euro pro Tonne CO₂ und ist auf aktuell acht Euro abgestürzt. Experten hatten vor Jahren einen mittelfristigen Anstieg des Preises auf 30 Euro prognostiziert. Dies hätte den Anreiz für Investitionen in klimaschonende Technologien erhöht. Der europäische Emissionshandel erfasst 11.000 Industrieanlagen sowie Kraftwerke und damit 40 Prozent der Emissionen in der EU.
Das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten sollen nun möglichst rasch einen Anhang zur Emissionshandelsrichtlinie beschließen, damit die Kommission die 900 Millionen Zertifikate 2013 bis 2015 zurückhalten kann. Die EU-Mitgliedstaaten wollen am 13. Dezember über den Kommissionsvorschlag beraten. Die Bundesregierung stimme zurzeit noch ihre Haltung ab, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums auf Anfrage. Widerstand dürfte aus Polen kommen, das viele Kohlekraftwerke betreibt.
Die Kommission sieht in der vorgeschlagenen Verknappung aber nur einen ersten Schritt, sie erwartet bis 2020 ein Überangebot von zwei Milliarden Zertifikaten. Für eine nachhaltige Reform des Emissionshandels hat sie deshalb am 14. November sechs Optionen vorgeschlagen, über die die Mitgliedsstaaten zu einem späteren Zeitpunkt beraten werden:
Die Vorschläge der Kommission
a) Das Emissionsreduktionsziel für 2020 könnte von 20 auf 30 Prozent angehoben werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste die Zahl der Zertifikate von 3,5 auf 2,1 Milliarden gesenkt werden und auch die Sektoren Haushalte und Verkehr müssten mehr CO₂ einsparen. Diese Maßnahme wird seit längerem diskutiert. Osteuropäische Staaten – allen voran Polen – sind strikt gegen eine Verschärfung.
b) Das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten könnten eine dauerhafte Reduktion von Zertifikaten beschließen. Auch hier ist mit Widerstand osteuropäischer Staaten zu rechnen.
c) Die Gesamtmenge der zulässigen Treibhausgasemissionen sinkt ab 2013 pro Jahr um 1,74 Prozent. Diese Degression könnte verschärft werden. Im Unterschied zu Option a) würde dies auch die Treibhausgasemissionen nach 2020 beeinflussen und könnte die Gefahr erhöhen, dass energieintensive Industrien langfristig in Länder mit schwächeren Vorgaben abwandern (carbon leakage).
d) Um den Emissionshandel unabhängiger von konjunkturellen Schwankungen in der Industrie zu machen, könnten die Sektoren Haushalte und Verkehr in das System einbezogen werden. Dafür müsste die Architektur des Emissionshandels grundlegend reformiert werden. Aus der Energiewirtschaft und der Automobilindustrie wäre mit starkem Widerstand zu rechnen.
e) Die Kommission räumt ein, dass ein großer Teil des Überangebots aus Zertifikaten durch den Clean Development Mechanism (CDM) verursacht wird. Der CDM könnte deshalb nach 2020 eingeschränkt oder ganz abgeschafft werden. Über den CDM finanzieren europäische Industriebetriebe kostengünstige Treibhausgaseinsparungen in Entwicklungsländern, die sie sich in der EU anrechnen lassen. Die Kommission möchte aber weiter den Transfer von Kapital und Technologien in Entwicklungsländer unterstützen. Bei einer Abschaffung des CDM würde sie wohl neue Maßnahmen beschließen, um die Industrie vor zu hohen CO₂-Preisen zu schützen.
f) Ein Teil der Zertifikate könnte dauerhaft in einer Reserve bevorratet werden. Ein politisch zu besetzendes Gremium würde bestimmen, wie viel der Reserve auf den Markt kommt oder wie viele Zertifikate ihm entzogen werden, um einen Mindestpreis zu garantieren. Regierungen könnten aber in Versuchung geraten, den Preis möglichst hoch zu halten, weil sie von Einnahmen aus dem Zertifikatehandel profitieren.
Kritik von Umweltverbänden und Industrie
Die Nichtregierungsorganisation Germanwatch kritisierte das geplante Zurückhalten von 900 Millionen Zertifikaten als halbherzig und forderte eine Anhebung des Emissionsreduktionsziels für 2020 auf 30 Prozent. Auf Kritik stieß auch die jüngste Entscheidung der Kommission, den internationalen Luftverkehr bis Herbst 2013 vom Emissionshandel auszunehmen.
Der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) (Positionspapier als PDF) forderte, das Zurückhalten von Zertifikaten nicht weiter auszudehnen. „In keinem Fall sollte die Kommission im Rahmen der vorgeschlagenen Änderung der Richtlinie einen generellen Freibrief für weitere Eingriffe in den CO₂-Markt erhalten. Andernfalls würde das Vertrauen der Marktteilnehmer in den Handel mit CO₂-Zertifikaten Schaden nehmen“, sagte die BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller. Für Investitionen in Klimaschutztechnologien sei ein ambitioniertes CO₂-Reduktionsziel für 2030 nötig.
Eine Erhöhung des Klimaschutzziels bis 2020 fordert die Umweltschutzorganisation BUND. Das Ziel von 20 Prozent Emissionsreduktion bis 2020 sei viel zu gering, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern, heißt es in einer Mitteilung von Ende Oktober. Mit einer solch schwachen Position gefährde die EU zudem einen erfolgreichen Abschluss der UN-Klimaverhandlungen, die am 26. November in Doha beginnen.
(KT)
Das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten sollen nun möglichst rasch einen Anhang zur Emissionshandelsrichtlinie beschließen, damit die Kommission die 900 Millionen Zertifikate 2013 bis 2015 zurückhalten kann. Die EU-Mitgliedstaaten wollen am 13. Dezember über den Kommissionsvorschlag beraten. Die Bundesregierung stimme zurzeit noch ihre Haltung ab, sagte ein Sprecher des Bundesumweltministeriums auf Anfrage. Widerstand dürfte aus Polen kommen, das viele Kohlekraftwerke betreibt.
Die Kommission sieht in der vorgeschlagenen Verknappung aber nur einen ersten Schritt, sie erwartet bis 2020 ein Überangebot von zwei Milliarden Zertifikaten. Für eine nachhaltige Reform des Emissionshandels hat sie deshalb am 14. November sechs Optionen vorgeschlagen, über die die Mitgliedsstaaten zu einem späteren Zeitpunkt beraten werden:
Die Vorschläge der Kommission
a) Das Emissionsreduktionsziel für 2020 könnte von 20 auf 30 Prozent angehoben werden. Um dieses Ziel zu erreichen, müsste die Zahl der Zertifikate von 3,5 auf 2,1 Milliarden gesenkt werden und auch die Sektoren Haushalte und Verkehr müssten mehr CO₂ einsparen. Diese Maßnahme wird seit längerem diskutiert. Osteuropäische Staaten – allen voran Polen – sind strikt gegen eine Verschärfung.
b) Das Europäische Parlament und die Mitgliedsstaaten könnten eine dauerhafte Reduktion von Zertifikaten beschließen. Auch hier ist mit Widerstand osteuropäischer Staaten zu rechnen.
c) Die Gesamtmenge der zulässigen Treibhausgasemissionen sinkt ab 2013 pro Jahr um 1,74 Prozent. Diese Degression könnte verschärft werden. Im Unterschied zu Option a) würde dies auch die Treibhausgasemissionen nach 2020 beeinflussen und könnte die Gefahr erhöhen, dass energieintensive Industrien langfristig in Länder mit schwächeren Vorgaben abwandern (carbon leakage).
d) Um den Emissionshandel unabhängiger von konjunkturellen Schwankungen in der Industrie zu machen, könnten die Sektoren Haushalte und Verkehr in das System einbezogen werden. Dafür müsste die Architektur des Emissionshandels grundlegend reformiert werden. Aus der Energiewirtschaft und der Automobilindustrie wäre mit starkem Widerstand zu rechnen.
e) Die Kommission räumt ein, dass ein großer Teil des Überangebots aus Zertifikaten durch den Clean Development Mechanism (CDM) verursacht wird. Der CDM könnte deshalb nach 2020 eingeschränkt oder ganz abgeschafft werden. Über den CDM finanzieren europäische Industriebetriebe kostengünstige Treibhausgaseinsparungen in Entwicklungsländern, die sie sich in der EU anrechnen lassen. Die Kommission möchte aber weiter den Transfer von Kapital und Technologien in Entwicklungsländer unterstützen. Bei einer Abschaffung des CDM würde sie wohl neue Maßnahmen beschließen, um die Industrie vor zu hohen CO₂-Preisen zu schützen.
f) Ein Teil der Zertifikate könnte dauerhaft in einer Reserve bevorratet werden. Ein politisch zu besetzendes Gremium würde bestimmen, wie viel der Reserve auf den Markt kommt oder wie viele Zertifikate ihm entzogen werden, um einen Mindestpreis zu garantieren. Regierungen könnten aber in Versuchung geraten, den Preis möglichst hoch zu halten, weil sie von Einnahmen aus dem Zertifikatehandel profitieren.
Kritik von Umweltverbänden und Industrie
Die Nichtregierungsorganisation Germanwatch kritisierte das geplante Zurückhalten von 900 Millionen Zertifikaten als halbherzig und forderte eine Anhebung des Emissionsreduktionsziels für 2020 auf 30 Prozent. Auf Kritik stieß auch die jüngste Entscheidung der Kommission, den internationalen Luftverkehr bis Herbst 2013 vom Emissionshandel auszunehmen.
Der Bundesverband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) (Positionspapier als PDF) forderte, das Zurückhalten von Zertifikaten nicht weiter auszudehnen. „In keinem Fall sollte die Kommission im Rahmen der vorgeschlagenen Änderung der Richtlinie einen generellen Freibrief für weitere Eingriffe in den CO₂-Markt erhalten. Andernfalls würde das Vertrauen der Marktteilnehmer in den Handel mit CO₂-Zertifikaten Schaden nehmen“, sagte die BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller. Für Investitionen in Klimaschutztechnologien sei ein ambitioniertes CO₂-Reduktionsziel für 2030 nötig.
Eine Erhöhung des Klimaschutzziels bis 2020 fordert die Umweltschutzorganisation BUND. Das Ziel von 20 Prozent Emissionsreduktion bis 2020 sei viel zu gering, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu verhindern, heißt es in einer Mitteilung von Ende Oktober. Mit einer solch schwachen Position gefährde die EU zudem einen erfolgreichen Abschluss der UN-Klimaverhandlungen, die am 26. November in Doha beginnen.
(KT)